April 13, 2025
VfB Stuttgart v VfL Bochum 1848 - Bundesliga

STUTTGART, GERMANY - AUGUST 19: Serhou Guirassy of VfB Suttgart celebrates after scoring his team’s first goal during the Bundesliga match between VfB Stuttgart and VfL Bochum 1848 at MHPArena on August 19, 2023 in Stuttgart, Germany. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bundesliga/Bundesliga Collection via Getty Images)

Als Borussia Dortmund im Sommer 2024 die Ausstiegsklausel über 18 Millionen Euro für Serhou Guirassy aktivierte, erwarteten viele, dass der VfB Stuttgart klug reinvestieren und seinen Aufwärtstrend fortsetzen würde. Stattdessen hat der Wechsel bei den Schwaben mehr Fragen als Antworten hinterlassen – und Guirassys Rückkehr in die MHP Arena an diesem Wochenende könnte in mehrfacher Hinsicht schmerzhaft werden.

 

Rückblickend wirkt die Klausel in Guirassys Vertrag wie ein 18-Millionen-Euro-Fehlgriff für Stuttgart. Der guineische Stürmer hatte gerade eine überragende Bundesliga-Saison hinter sich, erzielte 28 Tore und musste sich in der Torjägerliste nur Harry Kane geschlagen geben. Seine Physis, Abgeklärtheit und Abschlussstärke machten ihn zu einem Albtraum für jede Abwehr – als Dortmund anklopfte, war es nur eine Frage der Zeit, bis er den Verein verlässt.

 

Guirassys Entscheidung, sich den Schwarzgelben anzuschließen, wurde mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Einerseits war es der verdiente nächste Schritt für den Angreifer, der seine Karriere nach Stationen in Rennes und Köln wiederbelebt hatte. Andererseits fühlten sich viele Stuttgart-Fans nicht von Guirassy, sondern vom Verein verraten – weil man es versäumt hatte, ihn an einen robusteren Vertrag zu binden. Vereinsinterne Kreise gaben später zu, dass die niedrige Ausstiegsklausel ein Kompromiss war, um ihn 2023 nach seiner erfolgreichen Leihe dauerhaft zu verpflichten.

 

„Es war ein kalkuliertes Risiko“, sagte ein ehemaliger Stuttgarter Funktionär. „Aber am Ende haben wir einen 50-Millionen-Stürmer für ein Drittel des Preises verloren.“

 

Seit seinem Wechsel nach Dortmund lässt Guirassy keine Zweifel an seiner Klasse aufkommen. In seinen ersten neun Ligaspielen traf er bereits sieben Mal und hält den BVB im Titelrennen, während Stuttgart Schwierigkeiten hat, ihn zu ersetzen. Der 12-Millionen-Euro-Neuzugang, ein junger Franzose, der als „nächster Benzema“ gehandelt wurde, hat bislang nur ein Tor in zehn Einsätzen erzielt.

 

Diesen Samstag kehrt Guirassy in Dortmunder Farben in die MHP Arena zurück – ein Stadion, in dem er einst gefeiert wurde. Der Empfang dürfte respektvoll, wenn auch etwas bitter ausfallen. Die Stuttgart-Fans wissen: Sie haben mehr als nur einen treffsicheren Stürmer verloren – sie haben den Schlüsselspieler ihres Angriffs und ein Symbol des Aufschwungs eingebüßt.

 

Doch Guirassys Weg an die Spitze war nicht frei von Rückschlägen. In einem Interview mit einer französischen Zeitung erinnerte er sich kürzlich an ein besonders hartes Kapitel seiner Jugendzeit.

 

„Es gab einen Trainer in einer großen französischen Akademie“, erzählte Guirassy. „Er sagte mir direkt ins Gesicht: ‚Ich werde dich niemals spielen lassen.‘ Ich war 17. Das hat sich eingebrannt.“

 

Der Name des Trainers ist unbekannt, doch für Guirassy war dieser Moment entscheidend. „Dieser eine Satz wurde zu meinem Antrieb. Ich sagte mir: ‚Eines Tages wirst du mich jedes Wochenende im Fernsehen sehen.‘“

 

Heute spielt Guirassy nicht nur – er brilliert auf einer der größten Bühnen Deutschlands. Und wenn Dortmund nun nach Stuttgart reist, liegt eine gewisse poetische Ironie in der Luft. Der Verein, der einst auf ihn setzte, muss nun zusehen, wie er sie möglicherweise vor heimischem Publikum zerlegt.

 

Stuttgarts Sportdirektor verteidigte zuletzt die damalige Entscheidung mit dem Hinweis auf finanzielle Nachhaltigkeit. „Wir haben mit Serhou etwas Besonderes aufgebaut. Ihn zu verlieren war schmerzhaft, aber das gehört zum modernen Fußball. Entscheidend ist, wie wir zurückschlagen.“

 

Zurückschlagen müssen sie – denn sollte der Samstag zur Guirassy-Gala werden, könnte seine Ausstiegsklausel als einer der größten Schnäppchen-Deals der Bundesliga-Geschichte in Erinnerung bleiben – und als einer von Stuttgarts schmerzhaftesten Fehlern.

 

Eines steht fest: Serhou Guirassy ist noch lange nicht fertig damit, seine Kritiker eines Besseren zu belehren.

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